EDEL, HILFREICH UND GUTAUSSEHEND

Sie öffnen Türen, verteilen Kekse, reichen Jacken. Wo ein Event ist, sind Hostessen nicht weit. Bei Linda Starke kann man die eisern lächelnden Damen mieten. ZITTY. März 2010. 

Was machen Hostessen eigentlich genau – außer schön aussehen?

Es gibt unterschiedliche Aufgaben. Zum Beispiel im Messebereich: Einerseits natürlich am Stand stehen, Prospekte halten, Kaffee ausschenken und Geschirr abwaschen. Andererseits gibt es – z.B. auf der CeBIT – auch richtige Produktpräsentatoren, die sich gut auskennen und den Kunden das Produkt erklären.  Aber klar, auf Aussehen wird viel Wert gelegt, zum Beispiel bei den Mädels, die in Catsuites über die Messe laufen.

Ihre Hostessen sind ja oft…

Studentinnen, ja.

Und wie kommt eine Studentin dazu, freiwillig als menschliche Deko zu arbeiten?

In den Großstädten ist das einfach weitverbreitet. Und so viel Auswahl an Nebenjobs gibt es für Studentinnen ja nicht. Außerdem hat der Veranstaltungsbereich natürlich auch Vorteile: Man kann sich seine Einsätze aussuchen, es gibt keine Schichten, keine Pflichttermine. Die Mädchen werden ja von uns immer angefragt: Hast du Zeit und Lust zu diesem oder jenem Event?  Außerdem macht man immer unterschiedliche Sachen, nicht jeden Tag das gleiche.

Und dafür nimmt man in Kauf, dass der Job ein eher tumb bis schlüpfriges Image hat?

Ich würde eine Hostess nicht nur auf Optik reduzieren. Auch wir haben intern natürlich unseren Bewertungskatalog, der reicht von ‚topfit im Kopf‘ bis ‚Toastbrot‘. Aber auch an einer Garderobenausgabe zum Beispiel geht es nicht nur darum hübsch zu sein. Garderobe hört sich immer so einfach an: Hier die Marke, da die Jacke. Aber es ist eben doch mehr als lächeln.

Für den Betrachter wirken die Hostessen-Horden oft wie geklont. Wie kann man als Agentur so viel geballte Konformität erzeugen?

Es gibt natürlich klare Ansagen zur Kleidung, z.B. bei Abendkleidern müssen die Frauen hautfarbene Strumpfhosen und schwarze Pumps tragen. Oder eine weiße Bluse unter dem Business-Kostüm. Das sind so die Klassiker.

Und was ist mit Fingernägeln, Frisuren und Makeup?

Es gibt Agenturen, die schreiben sogar die Marke und den Farbton des Lippenstifts vor. Ganz so eng sehen wir das nicht. Es ist ja immer noch ein Individuum, das wir verkaufen. Aber tatsächlich denken viele Kunden: Die sehen alle gleich aus, die sind alle gleich. Und wir bei der Agentur machen nur den Schrank auf und holen dann Nr. 1, 8 und 15 raus.

Was ist mit dem Verhaltenskodex – Kaugummikauen ist wahrscheinlich tabu?

Ja, und auch Alkohol und Rauchen vor Kunden fällt grundsätzlich aus. Rauchen ist natürlich immer ein großes Thema. Die Mädchen haben Raucherpausen, aber die dürfen nicht im Gastbereich stattfinden. Außerdem sagen wir auch an, dass sie ihre Tüchlein oder andere Erkennungsmerkmale dabei möglichst verstecken sollen. Ich will ja auf einem Krebskongress  nicht auf einmal zehn rauchende Hostessen vor der Tür stehen sehen.

Der Abend ist fortgeschritten, der ein oder andere Gast betrunken. Wie höflich muss eine Hostess auf eindeutige Angebote reagieren?

Man kann leider nicht auf alles vorbereitet sein. An den Ausgängen oder Garderoben setzen wir deshalb oft Männer mit ein. Die können dann den Hostessen auch zur Seite stehen, wenn es unangenehme Situationen gibt.  Aber wenn jemand die Damen anspricht mit den üblichen „Sie sehen aber toll aus!“ oder „Ist Ihnen denn nicht kalt?“, dann ist der Grad  manchmal schwierig einzuhalten, wann es noch Small Talk ist und wann es abdriftet. Weil viele Herren das einfach missverstehen.

Das Klischee stimmt also.

Wir hatten letztes Jahr den Auftrag, eine Gruppe ausländischer Gäste zu einem UEFA-Spiel von Berlin nach Wolfsburg zu begleiten. Zehn Hostessen sind da im Sonderzug mitgefahren – und sollten eigentlich vor dem Spiel schon wieder zurückfahren. Aber schon während der Fahrt hieß es, die Hostessen sollen doch bitte noch dableiben. Und zwei der Mädchen hat man gleich fünfhundert Euro hingehalten. Wir haben dann von Berlin aus entschieden: Gebt das Geld zurück und fahrt nach Hause. Was meint ihr denn, wofür die euch jetzt 500 Euro geben? Dem Veranstalter war das alles höchst unangenehm. Andererseits wollte er natürlich auch seine Gäste zufrieden stellen. Aber solche Situationen sind eher selten.

Bei Großeinsätzen – wie viele Hostessen verleihen und delegieren Sie da maximal?

Wir können schon locker 200 Leute stellen. Das sind dann oft Ärztekongresse mit hoher Teilnehmerzahl. Da machen die Hostessen alles von Info, Wegweisung, Akkreditierung, Wasser auf dem Podium austauschen usw.

Das klingt jetzt nicht so aufregend – wollen die Mädchen nicht lieber auf die Galas und Bälle und Filmpremieren?

Natürlich ist die Resonanz bei den Events größer, wo es um Stars und Sternchen geht.

Und wer kriegt dann den Zuschlag?

Das lassen wir die Kunden entscheiden. Die kriegen die Fotos der jungen Damen und suchen sich dann die, die und die aus.

Sie haben zu jeder Hostess eine Setkarte?

Ja, ohne geht es nicht. Mittlerweile  ist eine Hostessenagentur fast gleichzusetzen mit einer Modelagentur. Jeder Kunde will vorher Bilder sehen. Natürlich gibt es Stammkunden, die sich auf unsere Auswahl verlassen. Kommt ja auch darauf an, was es für eine Veranstaltung ist, ein großer Kongress oder ein Flughafentransfer, da muss man ja auch mehr können als nur nett ausschauen. Fremdsprachenkenntnisse sind oft auch sehr wichtig.

Was verdient eine derart hochqualifizierte Hostess dann so?

Die Stundensätze liegen zwischen 8 und 10 Euro. Und unsere Tagesätze reichen von 80 bis 130 Euro.

Und die adretten Outfits mietet der Kunde gleich mit?

Ja, genau. Wir haben rote Abendkleider, schwarze Abendkleider, Kostüme in rot, weiß, blau, alles in hohen Stückzahlen. Aber wir können auch asiatische Kleider oder mexikanische Kostüme anbieten. Wir haben sogar Osterhasen.

Einmal die Woche kann man sich bei Ihnen bewerben – lehnen Sie auch Leute ab?

Eigentlich nicht. Es gibt ja für jeden irgendwelche Einsatzmöglichkeiten. Ich sag nur: Osterhase.

Und gibt es auch Arbeit für Männer?

Natürlich haben wir auch Männer in der Kartei. Aber bei den Messen und Kongressen, überall wo männliche Geschäftsleute sind, da sind natürlich hübsche Frauen erwünscht. Trotzdem gibt es durchaus auch Einsätze, wo Männer gefragt sind. Bei Veranstaltungen speziell für Frauenberufe zum Beispiel, da werden auch gerne mal zwanzig männliche Hosts gebucht.  Und natürlich bei den Produkt-Promotern – und überall wo es um Technik geht.

Alles in allem doch ziemlich platte Geschlechterrollen, die Sie da verkaufen – verdrießt einen das als erfolgreiche Unternehmerin nicht manchmal?

Solche Gedanken habe ich gar nicht. Es ist die Ware Mensch, die wir verkaufen, das ist klar. Aber es geht ja nicht immer nur darum, dass die Hostessen jung sind und einen kurzen Rock anhaben. Das ist bei weitem nicht alles. Es werden auch mal vom irgendeinem Bundesministerium Damen und Herren gebraucht, die fließend Mandarin sprechen.

Und aktuell bei der ITB, welcher Typ Hostess ist da so gefragt?

Ganz unterschiedlich. Es gibt Stände, die Hostessen mit Schleier haben möchten, andere wollen asiatisch aussehende Servicehostessen. Und meistens sollen die Damen spezielle Sprachkenntnisse haben. In diesem Jahr waren das neben Englisch besonders Spanisch, Polnisch, Französisch und natürlich Türkisch.

Comments are closed.